Vorbeugen, Wohlbefinden, Spaß: Sport bei Diabetes

Der gesundheitliche Nutzen von Sport ist mittlerweile allgemein bekannt: Er kann unter anderem Herz-Kreislauf- und Rückenprobleme verhindern.1 Auch Diabetiker:innen kommen die positiven Effekte von Sport zugute. Bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes kann Sport zum Beispiel eine bessere Gewichtskontrolle unterstützen.

Eine kleine Gruppe von Menschen mit Diabetes treibt Sport unter herbstlichen Bäumen.

Typ-1-Diabetes und Sport: Achtung vor Unterzuckerung

Trotz all der positiven Auswirkungen, die körperliche Aktivität haben kann, gibt es gerade für Menschen mit Typ-1-Diabetes vor, nach und während dem Sport einiges zu beachten. Denn körperliche Aktivität beeinflusst den Insulin- und Kohlenhydratstoffwechsel.

Wie wirkt sich Sport bei Typ-1-Diabetes aus?

Durch Bewegung steigt die Insulinempfindlichkeit der Muskelzellen und der Insulinbedarf sinkt.2 Wie stark, hängt unter anderem  von folgenden Faktoren ab:

  • Dauer und Intensität der Bewegung
  • Zeitpunkt, Art und Dosis der letzten Insulingabe
  • Blutzuckerwert sowie Trainingszustand

Da bei Menschen mit Diabetes die Bauchspeicheldrüse nicht selbst auf veränderte Anforderungen im Insulinhaushalt reagieren kann, müssen Betroffene ihre Blutzuckerwerte  bei körperlicher Aktivität im Auge behalten.

Durch moderate ausdauernde Aktivität, beispielsweise Schwimmen, sinkt der Blutzuckerspiegel, wodurch es zur Unterzuckerung (Hypoglykämie) kommen kann.2 Um das zu vermeiden, sollten Menschen mit Diabetes bereits vor der Sporteinheit die Insulindosis reduzieren und gleichzeitig ihre Kohlenhydratmenge steigern. Wichtig ist es deshalb auch, dass sie den Blutzuckerspiegel kontrollieren.

Bei intensiven, anstrengenden Sporteinheiten, zum Beispiel Krafttraining, kommt es zwischenzeitlich zu einem Anstieg der Blutzuckerwerte.2 Danach ist allerdings auch ein starker Abfall des Blutzuckerspiegels möglich, weshalb Menschen mit Typ-1-Diabetes bei körperlich belastendem Sport dringend ihren Blutzucker messen sollten. Gegebenenfalls können sie nach der Trainingseinheit eine außerplanmäßige Mahlzeit einnehmen, um den erhöhten Kohlenhydratbedarf zu decken.

Wichtig zu beachten:

Noch Stunden nach der Sporteinheit oder in der Nacht ist eine Unterzuckerung möglich.2 Deshalb brauchen Menschen mit Diabetes eine gute Planung: Aktivität, Insulindosis und Kohlenhydratzufuhr müssen gut aufeinander abgestimmt sein.2

Wie sollten die Blutzuckerwerte beim Sport aussehen?

Vor dem Sport sollten Diabetiker:innen grundsätzlich immer ihren Blutzucker messen oder den Glukosewert durch ein kontinuierliches Glukosemesssystem (per CGM) überprüfen. Ideal bei Trainingsbeginn ist ein Blutzuckerwert von 120 bis 180 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) beziehungsweise 6,7 bis 10,0 Millimol pro Liter (mmol/l).2


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Liegt der aktuelle Wert unter 90 mg/dl (5 mmol/l), besteht die Gefahr von Hypoglykämien während des Sports.3 Dann sollten Menschen mit Diabetes vor Sportbeginn den Blutzucker mit zusätzlichen Kohlenhydrateinheiten (KE) über diesen Wert anheben – oder die Basalrate zusätzlich entsprechend prozentual senken. Um den Blutzucker schnell anzuheben, eignen sich beispielsweise Bananen.2

Liegt der Blutzuckerspiegel über 250 mg/dl (13,9 mmol/l) oder bei Pumpenträger:innen über 200 mg/dl (11,1 mmol/l), ist unbedingt ein Azetontest notwendig.2 Bei positivem Ergebnis liegt ein Insulinmangel mit einer möglichen Ketoazidose (Stoffwechselentgleisung) vor. Dann dürfen Betroffene auf keinen Fall Sport treiben.2

Auch während der Sporteinheit sollte der Blutzuckerspiegel idealerweise zwischen 126 und 180 md/dl (7,0 bis 10,0 mmol/l) liegen.4 Sinkt er beim Training unter 70 mg/dl (3,9mmol/l), müssen Betroffene die körperliche Belastung pausieren und Kohlenhydrate zu sich nehmen, bis der Blutzuckerspiegel wieder angestiegen ist.4 Nach dem Training sollte der Blutzuckerwert zwischen 80 und 180 mg/dl (4,4 bis 10 mmol/l) liegen.4

Gut zu wissen:

Nach der körperlichen Belastung kann der Insulinbedarf noch einige Zeit niedriger sein, denn der Muskel versucht, seine Zuckerdepots aufzufüllen, indem er viel Zucker aus dem Blut aufnimmt (Muskelauffülleffekt). Der Zustand kann mehrere Stunden anhalten.

Welcher Sport kommt für Menschen mit Typ-1-Diabetes infrage?

Für Menschen mit Typ-1-Diabetes sind nahezu alle Arten von Sport geeignet. Es ist jedoch empfehlenswert bei Sportarten wie Fallschirmspringen, Extremklettern oder auch Tauchen das Diabetes-Team vorher zu Rate zu ziehen.2

Die langfristige Planung von körperlichen Aktivitäten sollten Menschen mit Typ-1-Diabetes mit ihrem Diabetes-Team abstimmen und zuvor einen Gesundheits-Check durchlaufen, um mögliche Risikofaktoren auszuschließen.

Faustregeln für Sport bei Diabetiker:innen mit Insulinpumpe

Wenn Sie eine Insulinpumpe tragen, haben Sie verschiedene Möglichkeiten, Ihren Insulinbedarf an die körperliche Aktivität anzupassen:5

  • Bei kurzzeitiger Belastung (circa 1 bis 2 Stunden) können Sie den verminderten Insulinbedarf über zusätzliche Kohlenhydrate ausgleichen oder die Basalrate vorher reduzieren.
  • Dauert die körperliche Belastung länger oder ganztägig, empfiehlt es sich, die Basalrate zu senken.

Je nach Art und Dauer des Sports reduzieren Sie 1 Stunde vorher die Basalrate für diese Zeitspanne auf zum Beispiel  70 Prozent.6 Bei einer ganztägigen Belastung reduzieren Sie die Basalrate auf beispielsweise 50 Prozent.2 Konkrete Einstellungen für verschiedene Sportarten und Belastungen können Sie gemeinsam mit dem Diabetes-Team erarbeiten. Den erhöhten Energiebedarf sollten die Sporttreibenden durch zusätzliche Kohlenhydrate (KE) decken.

Typ-2-Diabetes und Sport: Bereits kleine Veränderungen zeigen Wirkung

Im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes befinden sich bei Menschen mit Typ-2-Diabetes dauerhaft hohe Insulin- und Blutzuckermengen im Blut. Dies schädigt auf Dauer die Gefäße und begünstigt diabetische Folgeerkrankungen wie beispielsweise einen Schlaganfall. Welche Auswirkungen hat Sport bei Menschen mit Typ-2-Diabetes?

Lassen sich Folgeerkrankungen von Diabetes durch Sport vorbeugen?

Die gute Nachricht: Ja! Sport kann helfen, Diabetes und hohe Blutzuckerwerte in den Griff zu bekommen. Durch Bewegung reagieren die Körperzellen, wie auch bei Typ-1-Diabetes, empfindlicher auf Insulin, wodurch der Blutzuckerspiegel sinkt. Sogar eine Senkung des Langzeit-Blutzuckerwerts (HbA1c-Wert) ist möglich, wenn Diabetiker:innen körperliche Aktivität und Sport regelmäßig in ihren Alltag einbauen.

Schon gewusst?

Der HbA1c-Wert  beschreibt den Langzeit-Blutzuckerwert der letzten Wochen. Je nach Alter und Therapieziel sollen Menschen mit Diabetes einen HbA1c-Wert zwischen 6,5 und 8,5 Prozent erreichen, um das Risiko für Diabetes-bedingte Folgeerkrankungen möglichst gering zu halten.

Doch regelmäßige körperliche Aktivität hat noch weitere Vorteile: Sport wirkt sich positiv auf den Blutdruck aus und fördert das Wohlbefinden sowie die psychische Gesundheit.1

Zu guter Letzt steigert Sport den Energieverbrauch, was wiederum dauerhaft die Gewichtskontrolle oder -reduktion vereinfacht. Ein Gewicht im Normalbereich (Body-Mass-Index zwischen 18,5 und 24,9) hat nicht nur positive Effekte auf Ihren Typ-2-Diabetes: Sie können der Erkrankung durch Sport im Alltag sogar vorbeugen, wenn Sie noch normale Blutzuckerwerte haben.7

Sport bei Typ-2-Diabetes: Empfehlungen und Möglichkeiten

Expert:innen empfehlen Erwachsenen mit Diabetes, sich wöchentlich 150 Minuten mit mäßiger oder 75 Minuten mit hoher Intensität (nur noch kurze Wortwechsel sind möglich) zu bewegen.8 Beispielsweise bieten sich Fahrrad fahren, Schwimmen oder Joggen an.

Auch vermehrte körperliche Aktivitäten im Alltag, wie Treppensteigen oder Wege zu Fuß, wirken sich bereits positiv auf den Körper aus. Insgesamt sollten die sitzenden Phasen so kurz wie möglich sein.

Gerade Menschen mit Diabetes, die bislang nur wenig bis gar keinen Sport getrieben haben oder übergewichtig sind, sollten ihre Alltagsaktivitäten und Trainingseinheiten Stück für Stück sowie in Rücksprache mit ihrem Diabetes-Team aufbauen und steigern.

Folgende Sportarten sind für Menschen mit Diabetes gut geeignet:

  • Nordic Walking, schnelles Gehen, Wandern
  • Schwimmen, Wassergymnastik
  • Tanzen
  • Fahrrad fahren
  • Kraft- und Ausdauertraining für große Muskelgruppen (beispielsweise Rücken)
  • Yoga, Tai-Chi

Bei der Wahl des Sports sollten Diabetiker:innen eventuelle Begleiterkrankungen wie einen diabetischen Fuß, Nerven- oder Augenerkrankungen berücksichtigen. Bei Gelenkbeschwerden empfiehlt es sich, mit Übungen im Sitzen zu beginnen. Sprechen Sie bei Unsicherheiten immer zuerst mit Ihrem/Ihrer behandelnden Ärzt:in.

Stoffwechselentgleisung beim Sport vermeiden: Das können Sie tun

Sport hat einen großen Einfluss auf den Körper, das Insulin und den Blutzuckerspiegel. Dadurch kann es insbesondere bei Menschen mit Diabetes zu Stoffwechselentgleisungen, beispielsweise zur Unterzuckerung (Hypoglykämie) kommen. Wichtig ist daher die optimale Anpassung von Insulin und Kohlenhydraten vor, während und nach dem Training.

Alles zur Hypoglykämie

Bemerken Diabetiker:innen beim Sport eine beginnende Hypoglykämie (beispielsweise Zittern, Herzrasen), sollten sie zügig schnellwirksame Glukose (zum Beispiel Traubenzucker) zu sich nehmen, um den Blutzuckerspiegel wieder zu heben. Nach 15 Minuten sollte eine erneute Blutzuckermessung erfolgen.9 Liegen die Werte noch immer unter 60 mg/dl, sollte die betroffene Person nochmals Glukose einnehmen.11

Tipp:

Menschen mit Diabetes sollten beim Sport immer ihr Equipment für die Blutzuckermessung, schnell wirkende Insuline und schnell verfügbare Snacks (beispielsweise Traubenzucker) dabeihaben.

Folgende Tipps helfen, eine Unterzuckerung beim Sport zu vermeiden:

  • Sporttagebuch führen, um individuelle Reaktionen des Körpers auf den Sport zu erkennen
  • Angemessenen Blutzuckerwert vor dem Sport beachten
  • Blutzuckerkontrollen während des Trainings
  • Schnell wirksame Kohlenhydrate mitnehmen
  • Sportpartner:innen über die Erkrankung informieren
  • Zur Vermeidung von nächtlichen Unterzuckerungen abends langsam wirkende Kohlenhydrate verzehren, beispielsweise Vollkornprodukte oder Hülsenfrüchte

Stress (beispielsweise in Wettkampfsituationen) oder Krafttraining können Blutzuckerwerte vorübergehend erhöhen. Dann ist es möglich, mit entsprechenden Boli zu reagieren. Menschen mit Diabetes sollten hiermit jedoch vorsichtig sein, denn oft ist die Blutzuckererhöhung nur vorübergehend – zusätzliches Insulin birgt in diesem Fall das Risiko für eine Unterzuckerung.

Achtung vor zu hohen Blutzuckerwerten vor dem Sport

Auch ein zu hoher Blutzuckerspiegel kann für Menschen mit Diabetes gefährlich sein. Aus diesem Grund sollten Personen mit Werten über 250 mg/dl auf keinen Fall mit einer Trainingseinheit beginnen. Durch Überzuckerung (Hyperglykämie) und Insulinmangel kann  Ketoazidose entstehen. Bemerken Betroffene Symptome wie Muskelkrämpfe oder starken Durst, sollten sie unbedingt Gegenmaßnahmen einleiten: Viel trinken, Blutzucker sowie Ketone messen und wenn nötig schnellwirksames Insulin spritzen.12

FAQs: Häufige Fragen zu Sport bei Diabetes

Sport hat wie bei den meisten Menschen einen positiven Effekt auf die Gesundheit. Bei Diabetiker:innen fördert körperliche Aktivität zusätzlich die Insulinempfindlichkeit, sodass der Insulinbedarf und erhöhte Blutzuckerwerte sinken, was vor allem bei Typ-2-Diabetes relevant ist.

Ja, Menschen mit Diabetes können genauso wie Stoffwechselgesunde Sport treiben. Wichtig ist nur, dass sie sich im Vorfeld über die Wirkung von Sport auf ihren Zuckerhaushalt im Klaren sind und sich entsprechend vorbereiten (beispielsweise Blutzuckermessungen, Equipment, Kohlenhydratmenge).

Menschen mit Diabetes können sämtliche Sportarten ausüben. Für Personen mit zusätzlichen Begleiterkrankungen empfehlen sich beispielsweise Nordic Walking, Schwimmen oder gezieltes Krafttraining.


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Quellen

1 RKI. Körperliche Aktivität/Sport. Abgerufen am 7. November 2022, von https://www.rki.de/DE/Content/GesundAZ/K/Koerperliche_Aktivitaet_Sport/….

2 Diabetes Typ 1 und Sport - Diabetesinformationsportal. Abgerufen am 4. November 2022, von https://www.diabinfo.de/leben/typ-1-diabetes/diabetes-im-alltag/sport.h….

3 Buchmüller, H. (2021b, Januar 4). Sport bei Typ-1-Diabetes - das raten Diabetologen. diabetes-news. Abgerufen am 7. November 2022, von https://www.diabetes-news.de/nachrichten/sport-bei-typ-1-diabetes-das-r….

4 Moser, O., Riddell, M. C., Eckstein, M. L., Adolfsson, P., Rabasa-Lhoret, R., van den Boom, L., Gillard, P., Nørgaard, K., Oliver, N. S., Zaharieva, D. P., Battelino, T., de Beaufort, C., Bergenstal, R. M., Buckingham, B., Cengiz, E., Deeb, A., Heise, T., Heller, S., Kowalski, A. J., Mader, J. K. (2020). Glucose management for exercise using continuous glucose monitoring (CGM) and intermittently scanned CGM (isCGM) systems in type 1 diabetes: position statement of the European Association for the Study of Diabetes (EASD) and of the International Society for Pediatric and Adolescent Diabetes (ISPAD) endorsed by JDRF and supported by the American Diabetes Association (ADA). Diabetologia, 63(12), 2501–2520. https://doi.org/10.1007/s00125-020-05263-9.

5 Sport und Diabetes. IDAA Deutschland: Sport mit Diabetes ist möglich! Abgerufen am 8. November 2022, von https://www.idaa.de/sport-und-diabetes/.

6 Die temporäre Basalrate. Diabetiker.Info - Das Info-Portal für Diabetiker. Abgerufen am 8. November 2022, von https://www.diabetiker.info/die-temporaere-basalrate-ein-segen/.

7 BMI-Rechner: Kennen Sie Ihren Body-Mass-Index? Stiftung Gesundheitswissen. Abgerufen am 4. November 2022, von https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/ernaehrung-leb….

8 Bewegung bei Diabetes Typ 2 - Diabetesinformationsportal. Abgerufen am 4. November 2022, von https://www.diabinfo.de/leben/typ-2-diabetes/behandlung/bewegung.html.

9 Unterzuckerung (Hypoglykämie) | diabinfo – Das Diabetesinformationsportal - Diabetesinformationsportal. Abgerufen am 8. November 2022, von https://www.diabinfo.de/leben/behandlung/im-notfall/unterzuckerung.html.